Schreibkalender
Schreibkalender kennzeichnen sich dadurch, dass sie neben dem Kalendarium auch Platz für eigene Tagebuchnotizen enthielten. Seit dem 16. Jahrhundert wurden diese Kalender gedruckt und gelten neben Flugblättern als das erste gedruckte Massenmedium. Einige der Volkskalender, beispielsweise der Berner Hinkende Bote oder der Appenzeller Kalender, sind auch heute noch erhältlich. Während der Frühen Neuzeit wurden die Schreibkalender entweder in Druckereien oder Buchläden verkauft oder von Hausierern vertrieben. Die Kalender galten als populärer Lesestoff und wurden von allen Bevölkerungsschichten genutzt. Der kirchliche Festkalender verband sich mit astronomischen Angaben, astrologischen Ratschlägen, Witterungsprognosen und Bauernregeln. Berichte über Kometen, Finsternisse und politische Ereignisse, Ratschläge zum Baden, Schröpfen und Aderlassen sowie zu Fruchtbarkeit und Krankheit ergänzten den Kalenderteil. Neben der chronologischen Funktion hatten die Schreibkalender auch eine Schreib- und Erinnerungsfunktion. Die Kalenderseiten konnten mit persönlichen Notizen ergänzt werden und wurden so zum autobiographischen und alltagsbezogenen Vademecum, welches nach Ablauf des Jahres nicht weggeworfen, sondern archiviert wurde. Dieser "Schreibfunktion" der frühneuzeitlichen Kalender ist bisher in der Wissenschaft weniger Aufmerksamkeit gewidmet worden.
Proposition de citation
Kathrin Moeschlin (Stiftsarchiv St.Gallen): Ad fontes, Training Schreibkalender,
URL: https://www.adfontes.uzh.ch/386000/